großkadolz!

liebes schwesterlein,

uns kindern aus der wachau ist schon lange bekannt, dass die perfekte ergänzung zu einem guten essen ein gepflegtes glas wein ist. soweit die theorie. in der praxis haben
wir uns in den letzten jahren immer gefreut in dieser hinsicht mit den spezialitäten unseres freundes und nebenerwerbsweinbauern H. versorgt zu werden. wie speziell diese spezialitäten allerdings sind, ist mir erst gestern klar geworden.

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einerseits, ein weinbau, auch ein kleiner mit nur ein paar hundert stöcken, ist ein haufen arbeit, im grunde zuviel arbeit für einen einzelnen mann und seine 85-jährige mutter. auch wenn nichte und neffe mithelfen.

andererseits, stadtmenschen, die viel vor dem computer sitzen sind froh einmal ihrem mailberg zu entkommen und einen tag mit arbeit an der frischen luft zu verbringen.

es liegt also nichts näher, als am samstag morgen zu H. ins auto zu steigen und zur weinlese nach zwingendorf ins schöne weinviertel mitzufahren.
wir hatten es ja schon auf der hinfahrt sehr lustig, auch wenn unsere heiterkeitsausbrüche ob ortsnamen wie „mailberg“ und „großkadolz“ nicht allen nachvollziehbar waren. aber als freundinnen der onomatopoesie (kawumm! pading! padauz!) führen wir eben gerne dialoge wie

K: schau mal, so ein großer mailberg!
H: ui! großkadolz!

H. und seine mutter waren ehrlich überrascht, dass es für uns beide, aufgewachsen in mitten der kremser weinberge, vorgestern die erste aktive weinlese war. ich dachte ja immer, weinlese heißt trauben abschneiden, pressen, gären lassen und ab in die flasche. weit gefehlt.

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ich staunte nicht schlecht, als H. mir erklärte, das jede traube einzeln zu begutachten ist, und jede schlechte beere, eingetrocknet, von wespen angeknabbert oder sonst wie nicht in ordnung, händisch entfernt wird. ein wahrlich erlesenes tröpfchen also, dass hier entsteht. gestern waren der blaue portugieser und der burgunder, und nach dem essen noch der blaue zweigelt dran.

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a propos essen – nach ein paar stunden in der sonne an der frischen luft schmeckt das mittagessen natürlich besonders gut, und gut ausgerüstet wie wir immer sind, hatten wir ein kürbiscurry im gepäck. allen hat es wunderbar geschmeckt und der grüne veltliner vom vorjahr war selbstverständlich der logische begleiter.

die blauen trauben werden ja gar nicht gleich gepresst, wie wir gestern erfahren haben, sondern als maische vergoren, damit die schöne farbe entsteht. ein bisschen einen traubensaft gab es aber trotzdem zu verkosten, schließlich will der winzer ja feststellen wie süß der saft ist, um schon einen ersten ausblick auf die zu erwartende qualität des weines zu erhalten. gemessen wird die süsse in graden der klosterneuburger mostwage, und H. war offensichtlich höchstzufrieden mit dem ergebnis.

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nach dem essen wurde weitergelesen und hinterher gab es auch noch einiges zu tun. abrebeln, kübel ausschwemmen, schläuche reinigen, rebelmaschine auseinandernehmen. bis wir wieder in wien waren, war’s schon spät am abend.

nach dem tag am weinberg hat mich dann noch die große lust auf wachauer palatschinken gepackt. ein meiner liebsten kulinarischen kindheitserinnerungen und auch vegan eben so simpel wie wirkungsvoll.

wachauer palatschinken

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250ml pflanzenmilch
100g weißmehl
200g vollkornmehl
1 prise salz
sodawasser
öl

3el alsan
150g schokolade
pflanzenmilch

marillenmarmelade, geriebene mandeln oder walnüsse

für den teig mit einem schneebesen mehl und salz in die pflanzenmilch einrühren bis ein zäher teig entsteht. diesen 15 minuten rasten lassen. in der zwischenzeit schokosauce zubereiten. dann sodawasser einrühren bis ein ziemlich dünnflüssiger teig entsteht.

für die schokoladesauce wird bei mittlerer hitze die (alsan)margarine in einem kleinen topf geschmolzen, dann die schokolade dazugeben und unter ständigem rühren eingeschmolzen. in einem dünnen strahl wird soviel pflanzenmilch zugefügt, dass eine dickflüssige sauce entsteht. wer auf nummer sicher gehen will schmilzt alsan und schokolade über einem wasserbad, dann brennt sicher nichts an, aber ich finde mit rühren klappt es auch problemlos.

eine (beschichtete) pfanne erhitzen, einen teelöffel öl hineingeben und in das öl einen schöpfer teig gießen. den teig in der pfanne verteilen und wenn er auf der oberseite nicht mehr flüssig aussieht wenden. nochmal 2 minuten backen.

die palatschinke auf einen teller geben, mit der marillenmarmelade (selbst gemacht oder donaugarten) bestreichen, einrollen und mit der schokosauce übergießen. mit geriebenen mandeln oder walnüssen bestreuen und sofort servieren.

kulinarische kindheitserinnerungen sind eine wichtige sache, find ich, und grade was das betrifft, bin ich mir echt nicht sicher, was ich mir da in späteren jahren von meinen kindern anhören kann. werden sie mir irgendwann all die fehlenden schnitzel und käsefondus zum vorwurf machen?

vor einigen tagen haben H.-P. und ich mit unseren jüngeren kindern N. und S. eine runde therapy gespielt, ein brettspiel, bei dem es darum geht vorlieben und eigenschaften von sich selbst und die anderen mitspielern einzuschätzen. S. hat folgende frage gezogen:

nun sage mir, S., welcher deiner sinne in die die schönsten gefühle erweckt?

wir waren uns sicher, das sehen ist es, S. ist eher der visuelle typ.

wir: das sehen!

S: blödsinn! doch nicht das sehen! der geschmack!

ich: echt? der geschmack? woran hast du denn gedacht?

S: kichererbencurry natürlich!

na also, positive kulinarische kindheitserinnerungen gesichert, und zwar total vegan. und das schöne ist, die kichererbsen können durch fast jede art von hülsenfrucht oder gemüse ersetzt werden, die gerade im haus ist. grade die aktuellen wintergemüse wie kraut, sellerie und alle arten von rüben lassen sich so wunderbar verarbeiten. selbiges gilt übrigens auch für das kürbiscurry.
S. sieht das naturgemäß anders. nur wenn kichererbsen drin sind schmeckt es. aber ich würde die wacher palatschinken auch niemals und unter keinen umständen mit einer anderen, als marillenmarmelade essen.

so, liebes schwesterlein, jetzt verabschied ich mich wieder. am mittwoch geht’s nochmal auf den weinberg, den letzten veltliner lesen. und: ich bin auch schon voll neugierig auf dein weintraubentarte-rezept!

alles liebe und schöne woche, dein lesterschwein

übrigens: wer sich dafür interessiert am weinberg einmal einen tag mitzuarbeiten kann sich gerne via lesterschwein [at] gmx [dot] net bei uns melden!

3 Gedanken zu „großkadolz!

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